Sex in Langzeitbeziehungen

In den meisten Partnerschaften sorgt das Thema Sex früher oder später für Stress. War der Sex am Anfang geil, wild und erfüllend, so schleicht sich vielmals mit den Jahren eine Ernüchterung ein.

Was ich sehr häufig sehe ist, dass sich Sex in Langzeitbeziehungen verändert. Bei vielen Langzeitpaaren ist die sexuelle Anziehung gesunken bis verschwunden, Sex wird seltener und fader. Dann ist die Verzweiflung groß. Ist das nun ein Zeichen dafür, dass die Liebe weg ist?  Das denke ich nicht.

Wenn wir jung sind, sind wir offen, suchend, forschend, wir wollen erleben. In der Phase größter Verliebtheit versetzt uns unser Gehirn in einen Neurotransmitterrausch. Außerdem projizieren wir in dieser Phase alles Gute und Schöne auf den Partner. Unangenehmeres Verhalten wird ausgeblendet. Der Pickel auf der Nase des Partners ist süß statt störend. Die rosarote Brille.

Was prägt aber eigentlich unseren Sex? Nicht selten haben wir Menschen Bilder im Kopf, wie Sex zu sein hat, die Film- und Pornoindustrie hat in unseren Gehirnen ganz bestimmte Bilder installiert, die uns konditioniert haben. Was turnt uns an? Was wollen wir wie? Welche Phantasie bringt uns zum Orgasmus? Es geht dabei ganz viel um tun und machen um an diesen einen Punkt zu kommen. Wir rackern uns ab, turnen wie wild durch die Gegend, weil wir es ausgefallen wollen und brauchen. Unser Kopf ist in Führung.

Die Erwartungen, die wir an uns und unseren Partner diesbezüglich stellen sind darüber hinaus oft ausgeprägt hoch und vielfach sogar unrealistisch. Kein Wunder, wenn die Ist-soll-Lücke sich mit der Zeit immer mehr auftut und irgendwann unüberbrückbar wird. Die Brillengläser sind grau geworden. Da ist man/frau dann auch ganz schnell versucht, sich dem nächsten Verliebtheitsrausch zuzuwenden und die alten Zöpfe abzuschneiden.

In Langzeitbeziehungen greifen Menschen in Phasen, in denen die Anziehungskraft zum Partner nachlässt zunächst oft verstärkt zu Rollenspielen. Da wird ein Porno angeschaut oder die Filmszene von letzten Liebesfilm erinnert. Während wir Sex mit dem Partner haben laufen dann Filme in uns ab. Wir werden zu Objekten unserer sexuellen Vorstellungen.

Oft sieht das Rollenspiel bzw. der Gedanke an einen Auslöser beim Sex nach der Rettung aus. Ich kann es gleich vorwegnehmen, die meisten Menschen sind von dieser Art Sexualität dann aber ganz schnell erschöpft und müde. Sie wissen es oft gar nicht zu beschreiben, fühlen aber, dass diese Art Sex sie nicht wirklich erfüllt.

Männer spielen dieses Spiel oft, weil sie im Sex Bestätigung suchen und finden. Vor allem Frauen können lange Zeit einfach mitspielen, weil sie glauben, so den Erwartungen ihrer Männer nachzukommen. Tief innendrin fühlen sie sich bereits taub und abgestumpft, nach außen tun sie so, als ob sie diese Art von Sex noch gut finden.

Wenn wir Sex auf diese Weise leben, sind wir nicht präsent, wir sind nicht wirklich im Erleben, wir glauben es nur. Wir sind im Kopf.

Auch in langjährigen Beziehungen führt der Weg dann in den Körper. Hin zum feinen Erleben ohne Bewertungen. Keine Erwartungen, kein Druck. Nichts MUSS. Gegenwärtig und wach beim unmittelbaren Erleben bleiben und sich ganz davon führen lassen.

Was braucht es dazu? Die Bereitschaft uns zu öffnen, zu uns zu stehen und ein offenes Herz. Das ist oft gar nicht einfach, weil wir echte Nähe oft vermeiden. Wir sagen zwar, dass wir uns Nähe wünschen, unser Unbewusstes steuert aber gegen: Denn mit Nähe geht einher, dass wir uns verletzlich zeigen. Mit allem, was da ist. Bei vielen Menschen kommt deshalb bei dem Gedanken an wahre Nähe Angst oder Unsicherheit hoch. Es braucht also Mut, alles zu kommunizieren, was sich bei diesem einlassen aufeinander zeigt. Viele Menschen sind es nicht mehr gewohnt, präsent dazubleiben, wenn sich z.B. auch unangenehme Gefühle in dieser Zweisamkeit zeigen. Zum komplexen Erleben gehört aber eben alles. Wenn wir uns wagen, aufrichtig bei uns zu bleiben, nichts bekämpfen, kann Veränderung langsam stattfinden. Wir führen unsere eigenen Wünsche und Bedürfnisse bei dieser Art von Sex zu einem größeren Wir zusammen.

Wie geht denn das nun ganz konkret werden Sie jetzt fragen.

Inzwischen gibt es viele gute Bücher zu diesem Thema. Sie beschreiben ausführlich, wie diese Art von Sex „funktioniert“, die auch als Slow Sex bzw. Soul Sex bezeichnet wird.

Hier werden neue Wege aufgezeigt, wie sich Menschen wieder einlassen und wahrhaftig neu zueinander finden können. Langzeitpaare können so ihre ureigene Sexualität, die intimste Form der Kommunikation, langsam wieder erforschen und ganz neu leben.

Ich wünsche Ihnen ganz viele gegenwärtige Momente! Überhaupt und auch im Bett.

Probieren Sie aus, seien Sie mutig. Es lohnt sich.

Herzliche Grüße,

Gabriele

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