Immer wieder dieselben Streitmuster – warum unser Nervensystem der Schlüssel ist

Vielleicht kennst du das: Eigentlich wolltet ihr nur kurz klären, wer den Einkauf übernimmt und plötzlich seid ihr mitten in einem Streit, als ginge es um eine Lebensentscheidung. Die Stimmen werden lauter, Vorwürfe fliegen hin und her, am Ende herrscht eisiges Schweigen. Später fragst du dich: Wie konnte das so eskalieren? Warum immer wieder das Gleiche?

Die Antwort liegt oft nicht im eigentlichen Thema, sondern in unserem Nervensystem.

Wenn Stress unser Gehirn übernimmt

Unser Alltag ist geprägt von ständiger Erreichbarkeit, Termindruck und Reizüberflutung. Viele von uns sind permanent überlastet. Unser Nervensystem gerät dadurch in einen Zustand, den die Neurowissenschaft Überlebensmodus nennt. In diesem Modus arbeitet unser Gehirn in einer sehr schnellen Frequenz, hochaktiv, aber nicht besonders kreativ.

Statt klar und bewusst wahrzunehmen, ist unser Geist auf Gefahrenabwehr eingestellt. Wir suchen unbewusst nach Bedrohungen und finden sie auch. Selbst eine harmlose Frage unseres Partners kann dann wie ein Angriff klingen. In Wahrheit steckt vielleicht ein unerfülltes Bedürfnis dahinter, eine Sehnsucht, vielleicht sogar ein Geschenk. Doch im Stressmodus sehen wir hier dann nur Bedrohung.

Schutzmechanismen, die Nähe verhindern

Wenn wir uns angegriffen fühlen, greifen unsere automatischen Strategien:

  • Wir gehen in den Gegenangriff, feuern mit Vorwürfen zurück.
  • Wir ziehen uns zurück, bauen eine Mauer des Schweigens.
  • Oder wir fallen in die Opferrolle, fühlen uns ausgeliefert und ohnmächtig.

Diese Reaktionen sind menschlich, sie haben uns einmal geholfen, schwierige Situationen zu überstehen. Doch in Beziehungen verhindern sie echte Nähe. Wir verheddern uns in Schutzmechanismen, statt die Botschaft hinter den Worten des anderen zu hören.

Übung: Die 90-Sekunden-Pause – dein Weg zu mehr Klarheit

Vielleicht fragst du dich jetzt: Und wie komme ich da raus?
Hier eine kleine Praxis, die dir helfen kann, wenn ein Trigger dich erwischt:

  1. Stopp sagen (innerlich). Erlaube dir, nicht sofort zu reagieren.
  2. Atmen. Spüre bewusst drei tiefe Atemzüge – sie holen dich ins Jetzt.
  3. Die Welle fühlen. Emotionen sind wie Wellen. Spüre, wie sie durch deinen Körper ziehen – ohne sie wegzuschieben.
  4. 90 Sekunden warten. Neurowissenschaftlerin Jill Bolte-Taylor hat gezeigt: Ein Trigger braucht physiologisch etwa 90 Sekunden, bis er abebbt – wenn wir nicht durch Gedanken immer neues Öl ins Feuer gießen.
  5. Bewusste Wahl treffen. Erst nach dieser Pause entscheide: Was will ich wirklich sagen? Was dient jetzt der Verbindung?

Probiere es beim nächsten Streit aus. Es mag ungewohnt wirken, doch mit der Zeit entsteht so ein neuer Raum. Ein Raum, in dem du nicht mehr Opfer deiner Muster bist, sondern Gestalter deiner Beziehung.

Mehr Bewusstheit, mehr Nähe

Es geht nicht darum, nie wieder zu streiten. Konflikte sind Teil jeder lebendigen Beziehung. Entscheidend ist, ob wir im Streit anwesend bleiben können.

Wenn wir lernen, unser Nervensystem zu beruhigen, verändert sich etwas Grundlegendes: Wir erkennen, dass der andere gar nicht unser Feind ist. Hinter seinen harten Worten steckt vielleicht Unsicherheit. Hinter ihrem Vorwurf ein Wunsch nach Nähe. Hinter der Lautstärke eine Sehnsucht, gehört zu werden.

Und plötzlich verwandelt sich der vermeintliche Angriff in eine Einladung tiefer zu sehen, mehr zu fühlen, wahrhaftiger zu begegnen.

Dein Impuls

Vielleicht magst du dir heute diese Fragen mitnehmen:

  • Welches Schutzmuster erkennst du bei dir am häufigsten, Angriff, Rückzug oder Opferrolle?
  • Und was könnte sich verändern, wenn du beim nächsten Trigger nur einen Atemzug länger bei dir bleibst, bevor du reagierst?

Beziehung beginnt genau hier: Im kleinen Raum zwischen Reiz und Reaktion. Und in diesem Raum liegt die Freiheit, alte Muster zu durchbrechen und echte Nähe zu gestalten. 💛

Und wie sieht es bei dir aus?
Erlebst du in deiner Beziehung immer wieder diese festgefahrenen Streitsituationen? Hast du manchmal das Gefühl, allein nicht mehr aus diesen Mustern herauszufinden?

Dann mag ich dir sagen: Du musst diesen Weg nicht allein gehen. Gerne begleite ich dich dabei, mehr Bewusstheit in deine Beziehung zu bringen und so den Weg zu neuer Nähe und echter Verbindung zu öffnen.

Ich freue mich sehr auf dich.

Herzlich, Gabriele


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